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Je später der
Abend, desto dunkler der Wein
Zum Auftakt
der Ahrweiler Weinwochen erlebte die Stadt ein rauschendes
Winzerfest – Theresa Friedrich ist neue Burgundia
(von
Thomas Weber)
Mit einem spektakulären Höhenfeuerwerk endete am Montagabend das
Ahrweiler Winzerfest. Zum Auftakt der Ahrweiler Weinwochen hatten
bis dahin Tausende von Besuchern vier tolle Tage rund um den Ahrwein
erlebt. Üppig gefüllte Züge, voll besetzte Busse, Menschenmassen auf
den Straßen, geschlossene und bewachte Stadttore und Durchbrüche –
das alles waren einmal mehr untrügliche Zeichen dafür, dass in der
Rotweinmetropole Ahrweiler das Winzerfest gefeiert wird.
Das Fest hielt einmal mehr, was es versprochen hat. Das zeichnete
sich bereits am Freitag mit der Eröffnung und der Proklamation der
neuen Burgundia, wie die Weinkönigin in Ahrweiler genannt wird, ab.
Schon da waren es viele, viele Menschen, die über den Marktplatz
schlenderten, sich das Angebot an den Weinständen munden ließen und
der von Stefanie Koll-Bensberg und Rudolf Wolber moderierten
Auftaktveranstaltung zuschauten. Als erster Höhepunkt rollte dabei
ein Cabrio durch das Fackelspalier der Junggesellen und brachte mit
der 23-jährigen Theresa Friedrich die 69. Ahrweiler Burgundia zur
Bühne, wo ihr die Amtskette von ihrer Vorgängerin Carina Mombauer
umgelegt wurde. Die neue Repräsentantin des Ahrweiler Weins
entstammt einer Familie, in der das Ehrenamt besonders groß
geschrieben wird. Aktuell ist Bruder Bastian Hauptmann der
Junggesellen-Schützen in Ahrweiler.
Theresa Friedrich, die als
Fachangestellte für Bürokommunikation bei der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) arbeitet und bislang viel
Freizeit dem Karneval widmete, sieht der Aufgabe als Burgundia froh
entgegen. Dass sie Weinkennerin ist, zeigt die Tatsache, dass sie
bereits mit 17 Jahren im Verkauf des Ahrweiler Winzer-Vereins tätig
wurde. Aber auch die praktische Arbeit im Weinberg kennt die neue Burgundia, daher sagt sie auch ganz klar: „Während meiner
Regentschaft liegt mir als Winzertochter besonders am Herzen, dass
die Menschen die Arbeit des Winzers zu schätzen wissen. Denn ohne
die ganzen fleißigen Winzer könnten wir heute nicht ein so tolles
Fest ausrichten, unser Winzerfest.“
Die scheidende Burgundia Carina Mombauer erhielt derweil noch
zahlreiche Geschenke, wie den Ehrenring der Stadt Bad
Neuenahr-Ahrweiler und wurde von ihrer Vorgängerin Carolin Groß nach
insgesamt 124 Auftritten in den Kreis der „Ehemaligen“ aufgenommen.
Fortan wurde an allen Ecken und Enden gefeiert, edle Weine und tolle
Musik sorgen für ausgelassene Stimmung. Samstag- und
Sonntagnachmittag waren dabei Tausende von Besuchern in den Straßen
zu finden, durch die sich der große Winzerfestzug schlängelte. Rund
60.000 Blumen waren dafür alleine an den Motivwagen verarbeitet
worden, hatte die Vorsitzende des Arbeitskreises Winzerfest
Ahrweiler, Stefanie Koll-Bensberg, zum Auftakt des Festes verraten.
Entsprechend schön waren diese anzusehen, auch weil sie die ganze
Palette des Treibens in Ahrweiler verdeutlichten. Die Bürgerschützen
präsentierten ihr neues Haus der Schützen, die Junggesellen zeigten
Stadtmauer und Tore im Miniformat. Ebenfalls verkleinert und toll
von den „Niddehöde Jonge“ dargestellt: Niedertor, Weinberge mit
Martinsfeuer und die Szene des Maibaumstellens – ihre Traditionen
eben. Riesige Weinflaschen oder Trauben wurden dargestellt. Die
kfd-Frauen kamen mit einer überdimensionalen Sonne daher. Auch die
Karnevals-Gesellschaft „AKG“ und die Schar der Ahrweiler Möhne als
Wein bringende Römerinnen zogen im Festzug mit. Als junge
Winzerinnen und Winzer war der Nachwuchs der Kolpingfamilie zu
sehen. Derweil schlug die MGV Ahrweiler traditionelle Töne an,
präsentierte Weinfass und Pokal. Mit einer alten Schulszene auf dem
Motivwagen zog die Akademie für Krisenmanagement durch die Straßen
und machte klar: „Wir kümmern uns um den Nachwuchs.“ Dem standen
aber auch die kleinen Winzerinnen und Winzer der Grundschule in
nichts nach.
Der Ahrweiler Winzerverein feierte mit einem uralten Lastkarren und
jeder Menge Wein seine 140-jährige Weinbautradition. Stark vertreten
war aber auch Walporzheim, das Weindorf zog mit einer Riesentraube
durch die Stadt, die Weinmanufaktur wies ebenso wie der Sportverein
auf die einzigartigen alten Weinbergterrassen hin, die im Modell
detailliert dargestellt wurden.
Gut, dass es zumindest am Sonntag, als sich die vielen Gäste durch
die kleinen Öffnungen der geschlossenen Stadttore schlängeln mußten,
Probiergläser gegen einen freiwilligen Eintritts-Obolus gab. Denn
aus den Fußgruppen und Motivwagen wurde den Besuchern am Rande
kräftig eingeschenkt, natürlich in erster Linie feurig roter
Burgunder aus den Weinberghängen rund um die Stadt. Aber nicht nur
Wein gab es, vor allem die Kinder im Zug warteten mit Saft auf oder
verteilten Brezeln. Auch der Rotweinkuchen vom Winzercafé fand viele
Abnehmer. Und von den mitfeiernden Lehrern und Schülern der
Boeselager-Realschule gab es sogar Blumen für die Damen.
Und zwischendrin immer wieder hübsche Majestäten: Ahrweinkönigin
Viktoria Kugel, die neue Ex-Burgundia Carina Mombauer,
Ahr-Fischerkönigin Janina Unger, die aktuellen Repräsentantinnen aus
Bachem, Heimersheim und Walporzheim oder die Jubilarinnen Martina
Küls (25 Jahre Burgundia) und Christel Bous (50 Jahre), dazu viele
ehemalige Burgundien und der Tollitäten-Stammtisch, sie alle winkten
und prosteten den Menschen am Straßenrand zu. Über allem thronte
natürlich die neue Burgundia Theresa Friedrich, die auf einem neuen
und edlen, von zwei Pferden gezogenen Prunkwagen im weinroten Kleid
der absolute „Star“ der Winzerfestzüge war. Das mußte selbst der vor
ihr fahrende Weingott Bacchus in Person von Rudolf Wolber neidlos
anerkennen. Begleitet wurden die Gruppen und Motivwagen von jeder
Menge toller Musik. Für die sorgten Musiker aus Deutschland und den
Niederlanden. „De Kruskes“ zum Beispiel, die tolle Truppe aus
’s-Hertogenbosch gehört beinahe schon zum Winzerfest-Inventar. Oder
aber „Schöd um laeg“ aus Venlo, Musikfreunde aus Lantershofen und
Niederheckenbach, Fanfarenbläser aus Spay, Tambourcorps aus
Niederlützingen, Niederzissen oder Godendorf. Sie alle sorgten für
den richtigen Ton, was aber auch für die kreisstädtische Musiker der
Musikvereinigung oder des Ahrweiler Spielmannszuges galt.
Nach den Zügen wurde in den Gaststätten weiter gefeiert, das
„Open-Air-Geschehen“ konzentrierte sich auf den Marktplatz, wo an
den vier Festtagen viel Musik und noch mehr Wein geboten wurde. Da
war für jedes Ohr etwas dabei: die Musikvereinigung Bad
Neuenahr-Ahrweiler spielte am Freitag auf, „Skybagg“ verwandelten
den Markt am Samstag wohl in die größte Tanzfläche der Region. „Next
Patient Please“ am Sonntag und Gregor Kess am Montag fanden
ebenfalls viele begeisterte Zuhörer.
Im nahen und herrlich dekorierten Winzerhof Körtgen sorgten „Les
Bermudas“ von Freitag bis Sonntag für eine große Weinparty, Montag
erfreuten Caro Hild und Ihre Freunde das Publikum.
Derweil hielten sich der Ausschank der dunklen Burgunderweine und
der erfrischenden hellen Weine an den Weinständen die Waage, wie die
Betreiber berichteten. Der Trend: je später der Abend, desto dunkler
der Wein. Tagsüber waren bei recht schwüler Witterung eher die
hellen Weine die Favoriten, wobei auch hier der Burgunder die
Spitzenposition übernahm, aber als Blanc de Noir. Rose, Weißherbst,
Grau- und Weissburgunder und auch schon Mal ein Riesling waren
begehrt. Als es dann an den Abenden abkühlte, kamen die Weine, für
die die Ahr berühmt und bekannt ist, zum Zuge. Vor allem der
Spätburgunder floss dann, Kenner versuchten sich aber auch immer
wieder am Frühburgunder. Und auch das Mineralwasser aus der
Kreisstadt ging in Massen über die Tresen. Der Auftakt der Ahrweiler
Weinwochen war also ein Volltreffer, nun steht mit dem Weinmarkt am
kommenden Wochenende der nächste Höhepunkt an. |