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Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler 49/15
von Thomas Weber
Großer
Andrang beim Mundartabend
Heimatverein
Alt-Ahrweiler präsentierte Lustiges und Nachdenkliches „op platt“
Auch wenn die Mundartabende des Heimatvereins "Alt-Ahrweiler"
traditionell gut besucht sind, mit einem solchen Andrang, wie am
vergangenen Donnerstag, hatte wohl niemand gerechnet. Annähernd 200
Gäste sorgten dafür, dass Bell’s Restaurant samt Wintergarten
buchstäblich aus allen Nähten platzten. Den im Verlauf des Abends
geplanten Vortrag des Ahrweiler Männergesangvereins, die Lieder der
Bläck Fööss zum Besten geben wollten, mussten die Gastgeber absagen.
„Noch 30 Sänger passen hier gar nicht rein“, bat Rainer Sturm, der
gekonnt und souverän im schönsten Ahrweiler Dialekt durch den Abend
führte, um Verständnis. Auf Musik mussten die Gäste dennoch nicht
verzichten. Tommy Geller stimmte mit dem Auditorium zu „Oos
Ahrweiler Platt“ ein und präsentierte Wolfgang Niedeckens
„Wellenreiter“ aus dem Repertoire der Kölner Band BAP. Musikalisch
begleitete er ebenfalls den Nikolaus, der die Gäste überraschte und
verkündete: „Äppel, Nöss un Madelkään äßen all die Kender jään.“ Als
besondere Überraschung gab es dazu noch einen Weckmann für jeden
Besucher, zumindest so lange der Vorrat reichte. Günter
Lieverscheidt vertrat derweil den Chor mit seinem „Quätscheböggel“
und Ahrweiler Liedern.
Im Mittelpunkt des Abends aber standen die Mundart-Vorträge, mal
gereimt, mal Prosa. Lustige und besinnliche Texte, die auch zum
Nachdenken anregen sollten. Wie die Geschichte vom „Möschemännche“,
die Brunhild Dörr vortrug und die vom Spatz erzählte, der einer
Meise imponieren wollte und seine Federn bunt anmalte. Als die Farbe
trocknete, stürzte er ins Wasser und ertrank. „Jett üch einfach alle
Daach, wie der Herrjott üch jemaach“, so die Moral der Geschichte. „Dit
un dat“, also Kurzgeschichten, erzählte Helmut Schuld. Da war vom
verlorenen „Kammerpöttche“ die Rede, vom „Döppekooche“ und von der
Aussage „Wer nit hüre will, moss föhle.“ Lustig war es bei der „Wingprob
für de Katz“, bei der Helga Kreil einem allzu übertriebenen
Sommeliers-Vortrag lauschen musste. Erinnerungen ans Kriegsende
verarbeitete Margret Nischalke in den „Weihnachten ´45“ in einer
Zwei-Zimmer-Wohnung ohne Wasser im Weißen Turm. Nischalke entpuppte
sich im weiteren Verlauf des Abends zudem als perfekte Werbetexterin
für den Adventsbasar der Laurentius-Frauen. Dort gibt es am ersten
Advent „en janze Rickel schöne Saache, womet mer am Chressdaach vill
Freud kann maache.“
Nachdenklich kam Lothar Pötschke mit seinen Blicken auf die heutige
Zeit daher. Zunächst erzählte er „en klein nohdenklisch
Weihnachtsjeschicht“ vom Weihnachtsmann, der mit Plastiktüten vom
Discounter statt dem Geschenkesack unterwegs war. Zum Nachdenken
regte auch Pötschkes Plädoyer gegen den Fremdenhass an. Was wäre,
wenn sich all die aus fernen Ländern importierten Dinge aus dem
Leben der Menschen verabschieden würden? „Dann hätten mer Weihnachte
noch ne Tannebaum, Äppel un Nöss. Stille Naach singe, wür at schwer,
dat Leed kütt un Österreich.“ Zum Nachdenken regte auch Gerda
Kohlhaas mit ihren Erzählungen übers „Heimatjeföhl“, dass sich
längst nicht nur auf rheinisch-kulinarische Gerichte, insbesondere
Reibekuchen, beschränkt. Rita Lauter berichtete von einem ganz
besonderen Ahrweiler „Dreifaaltichkeitssundaach“, an dem sie statt
am Trinkzugaltar im Neuenahrer Krankenhaus lag. Immerhin
„Blickrichtung Ahrweiler, weil su die Heilungschancen besser senn.“
Um die liebe Gesundheit ging es auch bei Johanna Gies, die einen
herzerfrischenden Text von Ulla Kehr vortrug. Pillen nach einem
Hexenschuss und die ach so heftigen Nebenwirkungen sorgten für
Gelächter, aber auch verständnisvolles Kopfnicken.
Beim Heimatverein wird man sich derweil überlegen, wie man am besten
mit dem Andrang bei den Mundartabenden künftig umgeht. Erst einmal
hieß es nach mehr als zwei Stunden für die Besucher am Donnerstag
aber „Kutt joht heim.“ |