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Vita/Biografie
< 1860 |
Erste Bergfeuer und
Lumpenfackelzüge der Junggesellen für jede Hut |
1913 |
Erste Ansätze für
einen gemeinsamen Einzug der Junggesellen in die
Stadt |
1922 |
Gründung des
Martinsausschusses |
< 1945 |
Die Lumpenfackelzüge
der Junggesellen werden durch Schaubilder ersetzt |
2004 |
Wiederbelebung der
Knolleköpp-Fackeln durch den Heimatverein
"Alt-Ahrweiler" |
Der Martinsausschuss pflegt das
traditionelle Brauchtum
von Hans-Georg Klein
Alljährlich, wenn die Traubenlese vorbei ist, denken die
Ahrweiler Schulkinder nur noch an das nahende Martinsfest
mit seinen vier großen Bergfeuern, den imposanten
Fackelschaubildern und dem ideenreichen Kinderfackelzug. Sie
freuen sich alle auf dieses Schulfest, das in der ehemaligen
Stadt Ahrweiler als Fest der vier Huten [= mittelalterliche
Stadtbezirke] mit einem erlebnisreichen und eindrucksvollen
Brauchtum begangen wird. Die Grundschulkinder basteln in der
Schule Martinsfackeln. Die Jungen dürfen fleißig mitgehen,
um Reisig im Walde zu sammeln und zu „Schanzen" zu binden,
damit ein großes Feuer aufgebaut werden kann.
Im
Gegensatz zu anderen rheinischen Orten werden also in
Ahrweiler gemäß der Zahl der Huten auch vier Bergfeuer
gleichzeitig abgebrannt. Dieser Brauch ist schon über 150
Jahre alt. Es ist ganz natürlich, dass am Martinsabend die
Hutengemeinschaften untereinander in einen kleinen
Wettstreit geraten. Jede Hut strengt sich an, jede möchte
das größte Feuer oder das originellste Fackelschaubild
haben. Dieser Wettstreit wurde nicht immer friedlich
ausgetragen. Nein, im Gegenteil! Gegen das so beliebte
„Schanze stritze" (Schanzen stehlen) wäre nicht allzu viel
einzuwenden gewesen. Aber bis zum Beginn des ersten
Weltkrieges lieferten sich die Junggesellen nach dem
Abbrennen der Martinsfeuer sich regelrechte Kämpfe mit
Pechfackelstöcken oder gar Weinbergspfählen, so dass also
dieser schöne Abend oft ein wüstes Ende in der Stadt und auf
dem Marktplatz fand.
Rektor
Christoph Strauck, ein eifriger Förderer des Martinsfestes,
erzählt uns in einem Schriftstück, das er im Archiv des
Martinsausschusses niederlegte, wörtlich:
,,ln
unserem schönen Ahrweiler werden seit undenklichen Zeiten
von den vier Hüten am Samstag vor der Martinikirmes ,,Mätesfeuer"
abgebrannt. Dann bewegt sich von jedem Feuer abwärts ein
Lumpenfackelzug in schönen Zickzacklinien zur Stadt. Vor der
Stadt werden die Fackeln ausgeschlagen, und nun beginnt
unter Absingen des Kampfliedes ,,Sen me denn net all die
Niddehöde Jonge usw." ein Kampf mit der gegnerischen Hut.
Durch das wüste Betragen der Kämpfer kam der sonst so schöne
Martinsabend bei allen Fremden und auch bei sehr vielen
Einheimischen in üblen Ruf".
Den
ersten Vorstoß, diese unschönen Begleiterscheinungen
abzustellen, unternahmen im Jahre 1913 Rektor Strauck und
Oberlehrer Albert Federle, der spätere Oberstudienrat und
Kreisarchivar. Rektor Strauck versuchte damals, alle Hüten
am Niedertore zu sammeln, um gemeinsam singend und ohne
wüste Prügelei durch die Straßen zu ziehen. Während die
Volksschüler sich zum gemeinsamen Zuge einfanden,
belästigten halbwüchsige Burschen, denen eine Rauferei wie
in früheren Jahren mehr Freude machte, die Schüler. So wurde
der Lehrerschaft die Lust am Feste genommen. Durch den
Kriegsbeginn im Jahre 1914 unterblieben Martinsfeuer und
Lumpenfackelzüge.
Im
Jahre 1922 waren es dann Baptist Plachner und Jean Mies,
welche den Rektor baten, noch einmal einen Versuch wie 1913
zu wagen. Die Lehrerschaft war sehr mit dem Plan
einverstanden, der Rektor stimmte zu, falls die Schule
seitens der Bürgerschaft die notwendige Unterstützung fände.
Der Versuch wurde gemacht, und der Fackelzug gefiel den
Einwohnern so gut, dass der im gleichen Jahre gegründete
Martinsausschuss allenthalben Zustimmung und Hilfe fand.
Dieser Martinsausschuss bereitet nunmehr seit 1922
alljährlich das Martinsfest vor und führt es mit Hilfe der
Hutengemeinschaften, ja der gesamten Bevölkerung durch. Der
Ausschuss rüttelte nicht an der Tradition des Martinsabends.
Er beließ so die Jugend in der Gemeinschaft ihrer Hut, er
beließ jeder Hut das eigene Feuer und den eigenen
Lumpenfackelzug. Die Lumpenfackelzüge haben sich nun nach
dem 2. Weltkrieg zu Fackelschaubildern entwickelt, die immer
einen heimatbezogenen Anlass als Motiv wählen. Der Fackelzug
erhielt seit 1922 dann endgültig die Hutordnung. Seitdem
werden auch Feuer und Schaubild von einer besonderen
Bewertungskommission bewertet und mit Preisen bedacht.
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