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Wertvoll und schützenswert:
Das Ahrweiler Martinsbrauchtum
Günther Schmitt
HeimatJahrBuch
2005, S. 134-135
„Das Ahrweiler Martinsbrauchtum ist wertvoll. Es ist schützenswert.“ Das
konstatiert Dr. Ayten Fadel vom Amt für Rheinische Landeskunde in Bonn. Fadel
ist promovierte Ethnologin. Und bemerkenswert ist, dass gerade eine in Ägypten
geborene und aufgewachsene Völkerkundlerin anerkannte Expertin für die
wissenschaftliche Aufarbeitung von Traditionen wie Mailehen, Klappern oder auch
Hahnenköppen ist. Aber schließlich kommen ja auch die meisten Ägyptologen aus
Europa.
Doch zurück zum Ahrweiler Martinsbrauchtum. Hier hebt Fadel neben dem Wettstreit
der vier Huten (das sind die Stadtviertel, ehemals Wehr- und Weidebezirke)
besonders den Wettbewerb um das schönste und originellste Fackelschaubild in den
Weinbergen rund um die alte Kreisstadt hervor. Überdimensional leuchten nämlich
nach dem Abbrennen der Martinsfeuer Schriften und Motive an den Hängen von
Ahrhut, Oberhut, Adenbachhut und Niederhut. Eine gute Viertelstunde dauert das
Fackelspektakel, das jährlich Schaulustige aus der ganzen Region nach Ahrweiler
lockt. Es ist folglich eine Tradition mit großer Außenwirkung – die Gastronomie
weiß sie zu schätzen.
Doch wo sind die Anfänge der Schaubilder?
Martinsfeuer gibt es seit Urzeiten.
Die Feuerschriften in den Bergen jedoch erst seit gut einem halben Jahrhundert.
Und es sind zwei Ahrhöde Jonge, die sich die Grundidee des Fackelschaubildes auf
ihre Fahne schreiben können:
Ernst Heuwagen (†) und Erich Kohlhaas (†).
Beiden war der bis dahin durchgeführte Lumpenfackelzug (Pechfackeln gab es
nicht, also wurden Stofffetzen mit Draht gebündelt und mit Teer getränkt) vom
Martinsfeuer in die Altstadt zu langweilig. So setzen sie Anfang der fünfziger
Jahre erstmals Fackeln an Stäben in den Hang oberhalb der heutigen Goethestraße
und ließen mit geometrischen Motiven erstmals ein Schaubild leuchten. Die Idee
kam an. Andere Huten folgten dem Beispiel. Auf Kreise, Kreuze und Olympische
Ringe folgten in den sechziger Jahren die ersten Schriften – immer noch mit
Fackeln im Hang.
In den Siebzigern wurde ein Mann Schultes der Ahrhut, der das ganze
Schaubildwesen revolutionieren sollte:
Klaus Bruckner (*24. 12. 1949 – † 29. 6. 1988)
Zugführer der Ahrweiler Schützen (Unterleutnantsglied).
Seine Idee war der wieder verwendbare Multi-Buchstaben aus Moniereisen. Analog
zur Schrift mit Leuchtdioden in Taschenrechnern entwickelte er Eisengerüste, die
vielfältig für fast das ganze ABC eingesetzt werden konnten. Die Fackeln mussten
nur noch aufgesteckt und angezündet werden. Ähnlich funktioniert es heute mit
den Multi-Buchstaben aus Dachlatten. Bruckner war es auch, der für Platz an
allen Hängen um die Stadt sorgte. Denn während Ahrhut, Oberhut und Niederhut
Ende der Siebziger mit Groß-Schaubildern aufwarteten, blieb die Adenbachhut eher
klein. Bruckner ließ die Junggesellen der Addemich den alten Bahndamm roden, und
schon hatten sie den besten Platz der Stadt, was sich heute noch in Seriensiegen
bei den Wettbewerben auswirkt. Anfang der neunziger Jahre war es dann
Bürgermeister Rudolf Weltken, der den Vereinen aus neuem Platzmangel half. Gegen
die Einschränkungen durch die Flurbereinigung setzte Weltken mit Junggesellen
und Geld aus dem Stadtsäckel auf stählerne Baugerüste als Stützen für die
Motive.
Doch zurück zu Klaus Bruckner.
Er legte noch Mal eins drauf und wurde zum geistigen Vater der Wechselschrift.
So flammten in der Ahrhut ab Mitte der Siebziger Schriftzüge nacheinander auf,
wiesen auf Jubiläen oder Ereignisse hin. Der rotbärtige Hühne und
leidenschaftliche Schütze war ein guter Lehrmeister. Und so kam unter den
Ahrhöde Schaubildkonstrukteuren Günther Schmitt und Volker Siefke ein weiteres
Novum auf: das bewegte Schaubild. Unerreichter Höhepunkt: 1980 ließen die beiden
Konstrukteure aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Ahrtalbahn gleich einen
ganzen Zug über Gleise mit zwei Loks am Hang der Ahrhut rangieren. Doch so
schnell die beweglichen Bilder gekommen waren, so schnell verschwanden sie
wieder: Fackeln und Material wurden einfach zu teuer. Denn schließlich zahlen
die Junggesellenvereine die ganze Feuer-Show aus der eigenen Kasse. Dass es dann
dennoch in der Adenbachhut noch ein akustisches Schaubild gab, war der Gag
schlechthin. Zum Bild der Glocken von Sankt Laurentius ertönte aus riesigen
Boxen ihr Geläut. Heute packen die Junggesellenvereine die Schaubildaktion von
unterschiedlichen Seiten an. Nieder- und Oberhut gehen bei ihren Schriften und
Motiven durchaus kritisch mit dem Leben in Ahrweiler um. Ahrhut und Adenbachhut
widmen sich mehr Jubiläen oder aktuellen Ereignissen. Letztere griff dabei 2003
die erste Urwahl des Hauptmannes der Bürgerschützen auf. Zur Schrift „Willi
Busch – 1. gewählter Hauptmann“ erstrahlte ein Hauptmannssäbel mit goldenem
Portepee im Norden der Stadt. Sehr zur Freude von Landrat Dr. Jürgen Pföhler,
denn er hatte den Schützen zu ihrem 600-jährigen Bestehen einen solchen
gestiftet.

Martins-Schaubild der Adenbachhut 2003
Bei den Wettbewerben, die Jury auf dem Kanonenturm bestellen Martinsausschuss
und Junggesellen, geht es den Vereinen neben der Ehre um den Silberteller der
Kreisstadt für das schönste Feuer (Dauersieger ist seit Jahren die Ahrhut) um
den Kupferteller des Martinsausschusses für das schönste Schaubild. Von der
Bewertung ausgenommen ist Werbung jeglicher Art. Dennoch kommt es hin und wieder
zu diesen Ausrutschern, denn nicht gerade niedrige vierstellige Beträge bereiten
jedem Junggesellen-Kassierer Kopfschmerzen. Daran sollten sich die Freunde
dieses einmaligen Brauchtums erinnern, wenn sie vom Tal aus dem Flammenspektakel
applaudieren. Und wie sagte Dr. Ayten Fadel so schön: „Das Ahrweiler
Martinsbrauchtum ist wertvoll.“ Wohl dem, der es unterstützt.
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