Josef Heinen ...
ein Gerechter unter den Völkern.
Von Günther Schmitt
(General-Anzeiger Bonn)
Josef Heinen aus Ahrweiler rettet
einer jüdischen Familie das Leben. 35 Jahre nach seiner Ehrung durch den
Staat Israel würdigt ihn das Land Rheinland-Pfalz in der Gedenkstätte
des Konzentrationslagers Osthofen.
Er war ein Mann mit Ecken und Kanten. Ein Mann, für den Menschlichkeit
mehr bedeutete, als der Schutz seines eigenen Lebens. Josef Heinen aus
Ahrweiler ist ein Gerechter unter den Völkern.
Sein Name ist für alle Zeiten in der Gedenkstätte Yad Vashem bei
Jerusalem verewigt, am Memorial-Wall im Garten der Gerechten". Wer
war dieser Mann, der als 55. Deutscher seit der Gründung von Yad Vashem
(1963) im Jahr 1969 die Liste der Gerechten der Völker aufgenommen wurde
und dessen Name dort mit Oskar Schindler in einer Reihe steht.
Geboren
1889 in Ahrweiler wuchs er mit der christlichen Tradition und den Werten
der Schützen der alten Kreisstadt auf.
1924 trug er die Fahne der St. Laurentius- Junggesellenschützengesellschaft,
ein Jahrzehnt später trat er dem Königsglied der St. Sebastianus-Bürger-Schützengesellschaft bei. Beruflich führte ihn sein Weg 1928 nach
Adenau, wo er bis 1944 ein Möbelgeschäft führte.
Irmgard Heinen, Enkelin von Josef Heinen, erinnert sich im Gespräch mit
Kreisarchivar Leonhard Janta: "Eine seiner Lieferfirmen war die
Lampenschirmfabrik Sonnenfeld in Köln-Lindenthal. Ihr Inhaber, Gerd
Sonnenfeld, war Jude. Und aus der Geschäftsbeziehung wurde
Freundschaft."
Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges mietete Josef Heinen, von
Zeitzeugen als lebensbejahender und offener Mensch geschildert, ein
Wochenendhaus bei Liers, das er und seine Familie jedoch nur selten
bewohnten.
Gerd Sonnenfeld kannte das Haus, war häufig dort eingeladen. Als die
Verfolgung und die Hetzjagd auf die Juden immer mehr zunahm, bat
Sonnenfeld Heinen, sich selbst und seine Eltern dort verstecken zu dürfen,
da sie in Köln in Lebensgefahr waren. Das war 1941. Zu diesem Zeitpunkt
warteten Theodor Sonnenfeld und seine Frau bereist im Kölner "Judenhaus"
auf ihre Deportation. Während eines Bombenangriffes holte Sonnenfeld
seine Eltern aus dieser Sammelstelle, brachte sie nach Liers. Und dann
geschah das kaum vorstellbare. Fast vier Jahre lang blieben die Sonnefelds
in dem Wochenendhaus unentdeckt, wurden von Heinen versorgt. Dass die jüdische
Familie nie gefunden wurde, ist auch heute noch unbegreiflich. Denn schließlich
funktionierte der Nazi-Apparat auch im Kreis Ahrweiler. Und einer der
obersten Hitler-Schergen war Landrat Peter Simmer.
Vor 35 Jahren erklärte Gerd Sonnenfeld in seiner Stellungnahme an das Yad
Vashem-Institut zur Rettung seiner Familie:
"Josef Heinen scheute sich nicht, uns an den Wochenenden zu Besuchen,
trotz der Gefahr, die ihm wegen des Versteckens von Juden drohte."
Diese Tat der Menschlichkeit wurde am 20. Juli 1969 mit der Urkunde des
"Instituts für Märtyrer und Helden", so der Name von Yad Vashem,
gewürdigt. In französischer und hebräischer Sprache ist dort
niedergelegt, dass für den Gerechten der Völker aus Ahrweiler ein Baum
im "Garten der Gerechten" bei Jerusalem gepflanzt wird.
Erst ein Jahr später sah sich die Bundesrepublik Deutschland genötigt,
den Lebensretter zu Ehren - mit dem Bundesverdienstkreuz.
Josef Heinen starb am 23. Dezember 1989 im Alter von 91 Jahren in Bad
Neuenahr-Ahrweiler. Seine Grabstätte ist auf dem Ahrweiler Bergfriedhof.
Posthum wird sein Wirken für das Überleben der Familie Sonnenfeld
landesweit anerkannt. Heinen bekommt seinen rechtmäßigen Platz in der
Dauerausstellung "Die Zeit des Nationalsozialismus im heutigen
Rheinland-Pfalz" in der Gedenkstätte des ehemaligen
Konzentrationslagers Osthofen.
Und eine Würdigung hätte auch die vor einigen Jahren verstorbene Käthe
Becker aus der Ahrweiler Adenbachhut verdient. Denn sie hatte als
Mitarbeiterin im Einwohnermeldeamt der Stadt Ahrweiler die Akten einer jüdischen
Familie einfach verschwinden lassen. Das bestätigten Zeitzeugen gegenüber
dem General-Anzeiger. Und über wen es keine Akten gab, der konnte auch
nicht gefunden und deportiert werden.
YAD VASHEM
Die Behörde zur Verewigung des Andenkens an die Märtyrer und
Helden in Jerusalem ist Erinnerungsstätte und zugleich Forschungszentrum,
das sich mit dem Schicksal der europäischen Juden während der Zeit des
Naziregimes beschäftigt. Sie hat unter anderem auch die Aufgabe, derer in
Dankbarkeit zu gedenken, die mit persönlichem Einsatz und unter Gefährdung
des eigenen Lebens, oft auch dem ihrer Familien versuchten, Juden zu
retten.
Yad Vashem tut dies mit dem Ehrentitel "Gerechte/r unter den Völkem".
Er umfasst Medaille und Urkunde, sowie die Verewigung des Namens an der
Memorial-Wall im "Garten der Gerechten" in Yad Vashem. Das ist
die
höchste Auszeichnung, die Israel an Nicht-Juden vergibt.
Bis heute haben
nahezu 19.000 Frauen und Männer aus allen Teilen Europas diesen
Ehrentitel erhalten. Unter den Geehrten sind 400 Deutsche.