Page 16 - Quellen zur Geschichte der Stadt Ahrweiler, Bd. 5
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Einführung
die Wirksamkeit der Wahl. Der Prümer Vertreter protestierte und pochte auf
die Präsentationspflicht des Rates, konnte aber den Amtsantritt des Bürger-
meisters nicht verhindern. Allerdings ist festzuhalten, dass der Bürgermeister
bis zum Ende des Kurstaates ein ding- und kurmütiger Hofmann der Abtei
Prüm gewesen ist.
Jedoch scheint es im Laufe der Jahre häufig zu ratsinternen Streitigkeiten bei
der Wahl gekommen zu sein. Die Einstimmigkeit wurde immer seltener. Am 1.
Mai 1728 waren gar vier Kandidaten in der geheimen Wahl. Das Ergebnis hat
der Stadtschreiber Herrestorff im Ratsprotokoll festgehalten. Der Rat war tief
gespalten. Mit einfacher Mehrheit wurde Hubert Becker zum Bürgermeister
bestimmt. Er erhielt eine Stimme mehr als Stadtschreiber Herrestorff. Dabei ist
jedoch keine Fraktionsbildung zwischen Schöffen und Ratsverwandten er-
kennbar.
Ein zweiter, immer wiederkehrender Streitpunkt war die Deputation von zwei
Vertretern der Stadt zum Landtag. Immer wieder notierte der Stadtschreiber,
Bürgermeister und ein weiterer Vertreter seien mit Mehrheit deputiert worden.
Der zweite Vertreter der Stadt wechselte oft. Es konnte der abgetretene Bür-
germeister, der Baumeister oder der Stadtschreiber sein. Anscheinend war das
Interesse groß, einmal für eine Woche oder länger nach Köln oder Bonn zu rei-
sen.
Nach den Missstimmungen des Jahres 1728 hatte der Rat eine neue, bislang
unbekannte, Wahlordnung erarbeitet. Diese neue Wahlordnung zur Beybehal-
tung guter Verstandnus undt Verschaffung mehren Nutzens für hiesig gantze Bürger-
schafft wurde am 9. März 1731 einstimmig beschlossen. Ausdrücklich wollte
der Rat die großen Verdrießlichkeiten und Misselen des bisherigen Wahlmodus
vermeiden. Alle Ratspersonen unterschrieben eigenhändig diese neue Ord-
nung. Bei der nächsten Bürgermeisterwahl am 1. Mai 1731 wurde der amtie-
rende Bürgermeister Lic Herrestorff für ein weiteres Jahr in seinem Amt bestä-
tigt, so dass die neue Wahlordnung noch nicht zur Anwendung kam. Der Eklat
folgte im nächsten Jahr. Als am 1. Mai 1732 laut neuer Ordnung der Schöffe
Develich gewählt werden sollte, boykottierten die Ratsverwandten die Sitzung.
Die Wahl des Bürgermeisters musste ausfallen. Eine Woche später wählten
dann die Schöffen allein den vorgesehenen Kandidaten. Sie argumentierten,
der Kurfürst habe die Wahlordnung gebilligt und die Ratsverwandten hätten
sie mit ihrer eigenhändigen Unterschrift akzeptiert.
Die Ratsverwandten protestierten bis auf eine Ausnahme schriftlich, begleite-
ten aber den Gewählten zur Vorstellung beim Prümer Propst Calenberg. Auch
im folgenden Jahr stand die neue Ordnung immer noch in der Kritik. Aber die
Ratsverwandten resignierten und meinten, die Wahl sei allein Sache der Schöf-
fen.
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